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11.06.2019

Regionaltypisches Kleidungsverhalten seit dem 19. Jahrhundert - Entwicklungen und Tendenzen am Beispiel Oberfranken

Ein Jahr lang untersuchte Meike Bianchi-Königstein über 5.000 Kleidungsstücke in den oberfränkischen Museen und Sammlungen. Um historische Kleidungsstücke fachgerecht beschreiben und datieren zu können, braucht man viel Wissen um die unterschiedlichen Stoffe, die Färbe- und Drucktechniken, man muss handgearbeitete Nähte von maschinengenähten unterscheiden können, die Schnitt- und Dekortechniken kennen und wissen, wann welche Knöpfe und Ösen üblich waren. Manchmal ist es sogar noch komplizierter: Handelt es sich um ein Mieder des frühen 19. Jahrhunderts, das hundert Jahre später zu einem Faschingskostüm umgearbeitet wurde? Und sind für das Mieder wiederum viel ältere Seidenstoffe verwendet worden?

Eine spannende Forschungsarbeit, die tief in die Textildepots zu Objekten führte, die noch nie ausgestellt waren und nun auf einer Datenbank gespeichert sind, auf der man ab jetzt über 900 textile Schätze auf Gesamt- und Detailfotos bewundern kann samt wissenschaftlicher Beschreibung.

Wer sich für die Ergebnisse aus jahrelanger Beschäftigung mit den originalen Kleidungsstücken, mit zeitgenössischen Reiseberichten und Porträts interessiert, kann die Dissertation der Wissenschaftlerin lesen. Sie ist reich bebildert und wird im Rahmen der Feier vom Pustet-Verlag vorgestellt: Meike Bianchi-Königstein: Kleidungswirklichkeiten. Mode und Tracht zwischen 1780 und 1910 in Oberfranken.

Dies alles war nur möglich, weil das vom Bauernmuseum Bamberger Land vorgestellte Projekt von der VolkswagenStiftung über drei Jahre gefördert wurde. Hinzu kam für die Inventarisierung der Objekte in den Museen eine finanzielle Unterstützung durch die Oberfrankenstiftung. Geleitet wurde das Projekt von der Museumsleiterin und Trachtenberaterin Dr. Birgit Jauernig. Die wissenschaftliche Betreuung durch den Lehrstuhl für Europäische Ethnologie an der Universität Bamberg übernahm Prof. Dr. Bärbel Kerkhoff-Hader, gleichzeitig die Doktormutter von M. Bianchi-Königstein.

Die Fragestellungen des Forschungsprojekts lauteten: Wie kleideten sich die Menschen im 19. Jahrhundert in Oberfranken? Gab es tatsächlich regionale Unterschiede und wie sind diese erklärbar?

Der Gewinn für die Region war groß: Das Projekt wurde nicht nur international auf Tagungen vorgestellt, es erschienen insgesamt auch in Oberfranken zahlreiche Beiträge in der Tagespresse. Zwei Seminare zum Thema Tracht fanden am Lehrstuhl für Europäische Ethnologie statt, das „Oberfränkische Netzwerktreffen Tracht“ wurde ins Leben gerufen und fand bisher an vier Orten in Oberfranken mit Vorträgen, Markt und Trachtenpräsentationen statt. Regen Kontakt gab es nicht nur mit den hiesigen Museen, sondern auch überregional mit den großen Häusern, die Kleidung aus Oberfranken in ihren Beständen haben.

Einer der wichtigsten Effekte des Projekts dürfte aber sein, dass die am Projekt beteiligten Museen fundierte wissenschaftliche Beschreibungen und Analysen zu ihren textilen Sammlungen erhielten. Dies kommt wiederum der interessierten Öffentlichkeit zugute: Der Effekt des Forschungsprojektes ist bereits vor der Veröffentlichung der Dissertation und der Datenbank erkennbar: Allein im Jahr 2019 beschäftigen sich fünf oberfränkische Museen mit dem Thema Tracht und für alle werden die Daten zu den jeweiligen Objekten eine große Hilfe bei zukünftigen Ausstellungen sein.
Die Datenbank ist über einen Link auf der Webseite des Bauernmuseums Bamberger Land öffentlich zugänglich.

Quelle: Pressestelle Landratsamt Bamberg