Deutschland ist arm an Kindern - aber reich an (Un-)Ruheständlern
Zum Thema: Sina Wicht, Generationenbeauftragte des Landkreises Bamberg
„Wir haben es vor wenigen Tagen gelesen: Deutschland ist arm. Arm an Kindern. Als weltweit einziges Land verzeichnet Deutschland bereits seit den 80er Jahren das niedrige Geburtenniveau von etwa 1,4 Kindern pro Frau. Damit ist jede Kindergeneration um etwa ein Viertel kleiner als ihre Elterngeneration. Diese Entwicklung wird derzeit lediglich abgemildert durch Wanderungsbewegungen und die steigende Lebenserwartung der Deutschen.
Auch der Landkreis Bamberg ist von dieser Entwicklung betroffen. Um hier konkrete Zahlen zu gewinnen, hat das Landratsamt das Modus-Institut für angewandte Wirtschafts- und Sozialforschung mit einer Bevölkerungsvorausberechnung beauftragt. Berechnet wurden drei Varianten, von denen die mittlere Variante von einem weiteren leichten Anstieg der Lebenserwartung und der Geburtenrate und einem gleich bleibenden Wanderungssaldo ausgeht. Dieser Prognose zufolge wird die Gesamtbevölkerung im Landkreis Bamberg bis 2029 von 144.200 auf 139.500 Personen abnehmen. Bei genauerer Betrachtung stecken hinter dieser insgesamt vergleichsweise geringen Abnahme starke Verschiebungen. Zum einen wird die Entwicklung der einzelnen Gemeinden voraussichtlich sehr unterschiedlich aussehen, zum anderen verändert sich der Altersaufbau der Bevölkerung drastisch. Der Anteil der Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren liegt im Landkreis derzeit mit 18 % über dem bundesweiten Durchschnitt von 16,5 %. Im Jahr 2029 wird ihr Anteil auch hier auf 16 % absinken, ein Rückgang um etwa 3.000 Personen. Gleichzeitig wird die Altersgruppe der über 80-Jährigen um fast ebenso viele Personen dazu gewinnen (plus 45,5 %). Die größten Veränderungen ergeben sich in der Altersgruppe der 65- bis 75-Jährigen, die bis 2029 voraussichtlich um über 60 % (von 13.200 auf 21.300 Personen) anwachsen wird.
Diese Entwicklungen machen deutlich, warum der Fachkräftemangel einerseits und die Versorgung und Pflege im hohen Alter andererseits die politische Agenda in Zukunft prägen werden. Die Entwicklung zeigt aber auch: Deutschland ist arm an Kindern, aber reich an Menschen im frühen (Un-)Ruhestand. Während der Austritt aus dem Erwerbsleben früher den verdienten, meist kurzen Lebensabend einläutete, beginnt damit heute eine ganz neue Lebensphase, die in der Regel geprägt ist von Freiheit, Gesundheit und Aktivität.
Es erscheint als Tabu, Menschen im (Un-)Ruhestand weiterhin als tragenden Teil unserer Gesellschaft zu sehen – schließlich haben sie „ihren Beitrag im Berufsleben geleistet“. Doch es ist eine Frage der Zeit, bis wir erkennen müssen, dass ohne diese Menschen langfristig kein soziales Gleichgewicht möglich sein wird – im Landkreis Bamberg ebenso wenig wie in Deutschland insgesamt. Gern würden wir die kommenden Herausforderungen allein mit den bestehenden Sicherungssystemen meistern. Die Chancen jedoch stehen schlecht – nicht nur finanziell. Bereits in den kommenden neun Jahren werden laut Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in der Altenpflege 220.000 Vollzeit-Fachkräfte mehr benötigt, Tendenz steigend. Woher soll das Geld dafür kommen? Und noch entscheidender: woher sollen die Menschen kommen? Das fragen sich nicht nur Politiker, sondern auch diejenigen, die in einigen Jahren oder Jahrzehnten selbst auf Hilfe angewiesen sein werden.
Es bleibt abzuwarten, welche Wege die Bundes- und Landespolitik hier einschlägt. Nicht abwarten müssen wir mit Hilfen von Bürgern für Bürger. Schon heute sind ältere Menschen, die in ihrer gewohnten Umgebung alt werden möchten, angewiesen auf Unterstützung z. B. beim Einkauf oder im Haushalt. In vielen Gemeinden gründen Bürger deshalb Nachbarschaftshilfevereine, Bürger- oder Seniorenbüros, die Helfer und Hilfesuchende zusammenbringen. Aber auch die Familien stehen im Blick. Gerade Familien, die ihre eigenen Eltern nicht in der Nähe haben, brauchen Vertraute, die mal mit anpacken, die Kinder vom Kindergarten abholen oder auf den Spielplatz begleiten. Ältere Menschen, die ihre eigenen Enkel selten sehen – oder noch auf solche warten – können sich hier einbringen und selbst Familienanschluss gewinnen. Derzeit vermittelt zum Beispiel das Mehrgenerationenhaus Strullendorf solche „Leihomas/-opas“. Für derartige Hilfsangebote oder auch neue Engagementideen im Landkreis hat Landrat Dr. Günther Denzler die Stiftung „Helfen tut gut!“ gegründet. Aus den Stiftungsmitteln können gegebenenfalls Zuschüsse gewährt werden. Für weitere Informationen können sich Interessierte mit mir in Verbindung setzen (0951/85-510, sina.wicht@lra-ba.bayern.de). Bei allen Fragen und Ideen rund um freiwilliges Engagement kann man sich außerdem im Bamberger Freiwilligenzentrum CariThek (0951/8604140, carithek@caritas-bamberg.de) kostenlos und unverbindlich beraten lassen.“
„Wir haben es vor wenigen Tagen gelesen: Deutschland ist arm. Arm an Kindern. Als weltweit einziges Land verzeichnet Deutschland bereits seit den 80er Jahren das niedrige Geburtenniveau von etwa 1,4 Kindern pro Frau. Damit ist jede Kindergeneration um etwa ein Viertel kleiner als ihre Elterngeneration. Diese Entwicklung wird derzeit lediglich abgemildert durch Wanderungsbewegungen und die steigende Lebenserwartung der Deutschen.
Auch der Landkreis Bamberg ist von dieser Entwicklung betroffen. Um hier konkrete Zahlen zu gewinnen, hat das Landratsamt das Modus-Institut für angewandte Wirtschafts- und Sozialforschung mit einer Bevölkerungsvorausberechnung beauftragt. Berechnet wurden drei Varianten, von denen die mittlere Variante von einem weiteren leichten Anstieg der Lebenserwartung und der Geburtenrate und einem gleich bleibenden Wanderungssaldo ausgeht. Dieser Prognose zufolge wird die Gesamtbevölkerung im Landkreis Bamberg bis 2029 von 144.200 auf 139.500 Personen abnehmen. Bei genauerer Betrachtung stecken hinter dieser insgesamt vergleichsweise geringen Abnahme starke Verschiebungen. Zum einen wird die Entwicklung der einzelnen Gemeinden voraussichtlich sehr unterschiedlich aussehen, zum anderen verändert sich der Altersaufbau der Bevölkerung drastisch. Der Anteil der Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren liegt im Landkreis derzeit mit 18 % über dem bundesweiten Durchschnitt von 16,5 %. Im Jahr 2029 wird ihr Anteil auch hier auf 16 % absinken, ein Rückgang um etwa 3.000 Personen. Gleichzeitig wird die Altersgruppe der über 80-Jährigen um fast ebenso viele Personen dazu gewinnen (plus 45,5 %). Die größten Veränderungen ergeben sich in der Altersgruppe der 65- bis 75-Jährigen, die bis 2029 voraussichtlich um über 60 % (von 13.200 auf 21.300 Personen) anwachsen wird.
Diese Entwicklungen machen deutlich, warum der Fachkräftemangel einerseits und die Versorgung und Pflege im hohen Alter andererseits die politische Agenda in Zukunft prägen werden. Die Entwicklung zeigt aber auch: Deutschland ist arm an Kindern, aber reich an Menschen im frühen (Un-)Ruhestand. Während der Austritt aus dem Erwerbsleben früher den verdienten, meist kurzen Lebensabend einläutete, beginnt damit heute eine ganz neue Lebensphase, die in der Regel geprägt ist von Freiheit, Gesundheit und Aktivität.
Es erscheint als Tabu, Menschen im (Un-)Ruhestand weiterhin als tragenden Teil unserer Gesellschaft zu sehen – schließlich haben sie „ihren Beitrag im Berufsleben geleistet“. Doch es ist eine Frage der Zeit, bis wir erkennen müssen, dass ohne diese Menschen langfristig kein soziales Gleichgewicht möglich sein wird – im Landkreis Bamberg ebenso wenig wie in Deutschland insgesamt. Gern würden wir die kommenden Herausforderungen allein mit den bestehenden Sicherungssystemen meistern. Die Chancen jedoch stehen schlecht – nicht nur finanziell. Bereits in den kommenden neun Jahren werden laut Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in der Altenpflege 220.000 Vollzeit-Fachkräfte mehr benötigt, Tendenz steigend. Woher soll das Geld dafür kommen? Und noch entscheidender: woher sollen die Menschen kommen? Das fragen sich nicht nur Politiker, sondern auch diejenigen, die in einigen Jahren oder Jahrzehnten selbst auf Hilfe angewiesen sein werden.
Es bleibt abzuwarten, welche Wege die Bundes- und Landespolitik hier einschlägt. Nicht abwarten müssen wir mit Hilfen von Bürgern für Bürger. Schon heute sind ältere Menschen, die in ihrer gewohnten Umgebung alt werden möchten, angewiesen auf Unterstützung z. B. beim Einkauf oder im Haushalt. In vielen Gemeinden gründen Bürger deshalb Nachbarschaftshilfevereine, Bürger- oder Seniorenbüros, die Helfer und Hilfesuchende zusammenbringen. Aber auch die Familien stehen im Blick. Gerade Familien, die ihre eigenen Eltern nicht in der Nähe haben, brauchen Vertraute, die mal mit anpacken, die Kinder vom Kindergarten abholen oder auf den Spielplatz begleiten. Ältere Menschen, die ihre eigenen Enkel selten sehen – oder noch auf solche warten – können sich hier einbringen und selbst Familienanschluss gewinnen. Derzeit vermittelt zum Beispiel das Mehrgenerationenhaus Strullendorf solche „Leihomas/-opas“. Für derartige Hilfsangebote oder auch neue Engagementideen im Landkreis hat Landrat Dr. Günther Denzler die Stiftung „Helfen tut gut!“ gegründet. Aus den Stiftungsmitteln können gegebenenfalls Zuschüsse gewährt werden. Für weitere Informationen können sich Interessierte mit mir in Verbindung setzen (0951/85-510, sina.wicht@lra-ba.bayern.de). Bei allen Fragen und Ideen rund um freiwilliges Engagement kann man sich außerdem im Bamberger Freiwilligenzentrum CariThek (0951/8604140, carithek@caritas-bamberg.de) kostenlos und unverbindlich beraten lassen.“
Quelle: Pressestelle Landratsamt Bamberg